Ein Vektorbild, das eine Richterin zeigt

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Strafmündigkeit von Kindern und Jugendlichen

08.07.2024

Die Strafmündigkeit ist ein wesentliches Konzept im Strafrecht, das bestimmt, ab welchem Alter eine Person für strafbare Handlungen zur Verantwortung gezogen werden kann. In Deutschland ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Kindern und Jugendlichen durch spezielle Regelungen und gesetzliche Rahmenbedingungen definiert. Dieser Artikel beleuchtet die Altersgrenzen der Strafmündigkeit, die besonderen Verfahren bei der Verfolgung von Straftaten durch Minderjährige und die spezifischen pädagogischen und rechtlichen Maßnahmen, die im Umgang mit jungen Straftätern zu beachten sind.

Altersgrenzen der Strafmündigkeit
In Deutschland regelt das Strafgesetzbuch (StGB) und das Jugendgerichtsgesetz (JGG) die Strafmündigkeit. Gemäß § 19 StGB sind Kinder unter 14 Jahren schuldunfähig und können nicht strafrechtlich verfolgt werden. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren sind strafmündig, unterliegen jedoch dem Jugendstrafrecht, das in erster Linie erzieherische Maßnahmen statt Strafen vorsieht. Für Heranwachsende im Alter von 18 bis 20 Jahren kann je nach individueller Entwicklung und Reife entweder das Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewendet werden.

Besonderheiten im Jugendstrafrecht
Das Jugendstrafrecht zielt auf die Erziehung und Resozialisierung von jungen Straftätern ab und unterscheidet sich daher in vielerlei Hinsicht vom Erwachsenenstrafrecht. Die zentralen Elemente des Jugendstrafrechts sind:
• Erzieherische Maßnahmen: Anstelle von Strafen werden vorrangig erzieherische Maßnahmen angewendet. Dazu gehören Weisungen, Auflagen, Erziehungsbeistandschaft und die Unterbringung in einer Jugendwohngruppe oder einem Heim.
• Jugendarrest: Der Jugendarrest ist eine Freiheitsentziehung, die in kurzen Haftstrafen (Arrest) von ein bis vier Wochen verhängt werden kann. Er dient dazu, den Jugendlichen die Ernsthaftigkeit ihres Verhaltens vor Augen zu führen, ohne sie langfristig aus ihrem sozialen Umfeld zu reißen.
• Jugendstrafe: Bei schwereren Straftaten kann eine Jugendstrafe verhängt werden, die eine Freiheitsentziehung von sechs Monaten bis zu zehn Jahren umfasst. Die Vollstreckung erfolgt in speziellen Jugendstrafanstalten, die auf die Bedürfnisse junger Straftäter abgestimmt sind.
• Diversion: Das Prinzip der Diversion ermöglicht es, auf förmliche Gerichtsverfahren zu verzichten, wenn der Jugendliche die Tat zugibt und sich bereit zeigt, an Maßnahmen zur Schadenswiedergutmachung oder zur Verhaltensänderung mitzuwirken.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten
Das Jugendgerichtsgesetz sieht spezielle Verfahrensregeln vor, die den besonderen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen gerecht werden sollen. Diese umfassen:
• Spezialisierte Jugendrichter und -staatsanwälte: Jugendstrafsachen werden von spezialisierten Jugendrichtern und Jugendstaatsanwälten bearbeitet, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit jungen Straftätern verfügen.
• Verfahrensbegleitung: Im Jugendstrafverfahren kann ein Jugendgerichtshilfe-Dienst hinzugezogen werden, der die Persönlichkeit und das soziale Umfeld des Jugendlichen untersucht und dem Gericht Empfehlungen für geeignete erzieherische Maßnahmen gibt.
• Nichtöffentlichkeit der Verhandlung: Jugendstrafverfahren sind nichtöffentlich, um die Privatsphäre und den Schutz der jugendlichen Beschuldigten zu gewährleisten. Nur enge Familienangehörige und Prozessbeteiligte dürfen anwesend sein.
• Vermeidung der Stigmatisierung: Das Jugendstrafrecht zielt darauf ab, eine Stigmatisierung der Jugendlichen zu vermeiden. So sind z.B. die Akten von Jugendstrafverfahren nach einer bestimmten Zeit zu vernichten, und es gibt Einschränkungen bei der Erfassung und Verwendung von Strafdaten.

Präventive und pädagogische Ansätze
Neben den rechtlichen Maßnahmen spielt die Prävention eine zentrale Rolle im Umgang mit jugendlichen Straftätern. Präventive Ansätze zielen darauf ab, delinquentem Verhalten vorzubeugen und die soziale Integration zu fördern. Wichtige Maßnahmen sind:
• Schulische und außerschulische Bildung: Bildungsangebote und außerschulische Aktivitäten sollen jungen Menschen Perspektiven bieten und sie von kriminellen Verhaltensweisen abhalten.
• Familienunterstützung: Unterstützung für Familien durch Beratungsstellen, Erziehungsberatungen und soziale Dienste kann dazu beitragen, problematische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
• Soziale Projekte: Projekte und Programme, die auf die Förderung sozialer Kompetenzen und die Integration in die Gemeinschaft abzielen, sind wichtige Bausteine der Präventionsarbeit.
• Aufklärung und Sensibilisierung: Aufklärungskampagnen und Sensibilisierungsmaßnahmen sollen das Bewusstsein für die Folgen von Straftaten schärfen und eine Kultur des Respekts und der Toleranz fördern.

Fazit
Die Strafmündigkeit von Kindern und Jugendlichen und der Umgang mit jugendlichen Straftätern sind komplexe Themen, die eine Balance zwischen rechtlicher Verantwortlichkeit, erzieherischen Maßnahmen und präventiven Ansätzen erfordern. In Deutschland bietet das Jugendstrafrecht einen Rahmen, der den besonderen Bedürfnissen junger Menschen gerecht wird und zugleich die Sicherheit und Ordnung in der Gesellschaft gewährleistet. Durch spezialisierte Verfahren und eine Vielzahl von Maßnahmen soll erreicht werden, dass jugendliche Straftäter die Chance auf eine positive Entwicklung und Reintegration in die Gesellschaft erhalten.

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Ulrike Schmidt-Fleischer

Autorin:
Ulrike Schmidt-Fleischer, Rechtsanwältin und Notarin, Mutter zweier Kinder
www.schmidt-recht.de

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