Kind versteckt sich unter Kissen

Foto: © pixabay.de

Umzug mit dem Kind

25.09.2019

Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt oder wird ihre Ehe geschieden, kann jede Partei beantragen, ihr die alleinige elterliche Sorge oder einzelne Ausschnitte zu übertragen, wenn die Voraussetzungen nach § 1671 Abs. 2 BGB erfüllt sind (vgl. § 1672 BGB für nichteheliche Eltern nach Sorgeerklärung). Anderenfalls üben die Eltern weiterhin das gemeinsame Sorgerecht aus.

Bei Entscheidungen in Angelegenheiten, „deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist“, ist das Einverständnis erforderlich. Ein Elternteil darf nicht ohne die Mitwirkung des anderen handeln und die notwendigen Entscheidungen treffen. Lediglich für „Angelegenheiten des täglichen Lebens“ hat der Elternteil, bei dem sich „das Kind mit Einwilligung des anderen oder infolge einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält“, die Befugnis, ohne Rücksprache tätig zu werden und Angelegenheiten zu regeln. Zur Alltagssorge zählt, was „im täglichen Leben der Familie anfällt“, also die Anmeldung zu Schulkursen, Essensfragen, bei kleineren Kindern Schlafzeiten und die „Routineerlaubnis zur Freizeitgestaltung“.

Jeder Umzug verändert die Lebenssituation des Kindes. Bisherige Freunde sind nun zumindest schwerer erreichbar. Oft ist ein Schulwechsel notwendig. Auch sonst ist die neue Umgebung fremd. Es wird für den Elternteil, der das Kind nicht alltäglich versorgt, zeitaufwändiger, das Kind zu besuchen. Daher „darf“ der Elternteil, bei dem das Kind lebt, nicht allein entscheiden. Schon bei einem Umzug in die Nachbarschaft bzw. auf die gegenüberliegende Straßenseite kann der andere Elternteil wesentliche Einwände haben, die Berücksichtigung finden und geprüft werden müssen. Über diese kann sich der Elternteil, der das Kind versorgt, nicht ohne Weiteres hinwegsetzen.

Deshalb muss der Elternteil gerichtliche Anträge stellen, um seine Ziele gegen die Vorstellungen des anderen Elternteils durchsetzen zu können. Ist das Gericht von den Argumenten überzeugt und kann vorgetragen werden, dass das Kindeswohl berücksichtigt ist, wird das Gericht dem Antragstellenden die Entscheidungsbefugnis übertragen.

Im Einzelnen sind dabei folgende Kriterien zu beachten:

• Wie sind die Auswirkungen des Umzugs für das Kind? Kann der Antragsgegner weiterhin ohne nennenswerte Beeinträchtigungen seine Umgangsbefugnisse ausüben? Welche Gründe sind für den Elternteil wesentlich? Wird die gebotene Rücksicht genommen?

• Kann der Elternteil, der das Kind nicht versorgt, die persönliche Versorgung des Kindes nicht sicherstellen, wird er die Absichten des anderen Elternteils nicht verhindern können. Er kann nicht verlangen, dass dessen Lebenspläne an seine Vorstellungen angepasst werden und ein von ihm geplanter und für wichtig gehaltener Umzug aufgeschoben oder von ihm abgelassen wird, um dem anderen Elternteil ungestörten Kontakt mit dem Kind jederzeit zu „ermöglichen“. Bleibt der Aufenthalt des Kindes zwischen den Eltern streitig, reicht die (beantragte) Entscheidung des Gerichts nicht aus, da sie nur die Entscheidungsbefugnis für den Umzug auf einen Teil übertragen kann. Daher muss nach Klarstellung beim Antrag auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind neu geregelt und auf den Antragsteller (meist: die Mutter) übertragen werden.

Zieht ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen und ohne gerichtliche Entscheidung mit den Kindern um, handelt er rechtswidrig. Auf Antrag ist die Sache beim Gericht des bisherigen Wohnortes zu entscheiden. Denn mit dem (schlichten) tatsächlichen Wechsel des Wohnortes hat sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes (noch) nicht verändert. Ist das Haager Kindesentführungsabkommen anwendbar, kann der verletzte Elternteil Rückführungsanträge stellen, denn der andere hat in seine (Mit-)Sorgerechte eingegriffen, wobei die (spätere) endgültige Regelung der elterlichen Sorge insoweit keine Rolle spielt.

Anzeige

Anzeige

Anzeige der Kanzlei Ulrike Schmidt aus Friedrichsdorf
Pervin Pelit-Saran

Autorin:
Pervin Pelit-Saran hat einen Sohn und ist selbstständige Rechtsanwältin für Familienrecht in Friedrichsdorf
https://www.anwaltskanzlei-friedrichsdorf.de/

Weitere interessante Beiträge für dich:

Stärken fördern ist so wichtig

Stärken fördern ist so wichtig

Kinder, die wegen Schulproblemen in meine Praxis kommen, haben oft ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Viele von ihnen fühlen sich „nicht gut genug“.

Mein Baby kann das!

Mein Baby kann das!

Die ersten Monate im Leben eines Babys sind ein faszinierendes Abenteuer voller erstaunlicher Entwicklungsschritte.

Pin It on Pinterest

Share This